aus dem Backofen, Hexenleben, Süsse Verführung
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Apothekers Geheimmittel oder Bäckers Resteverwertung?

Sie ist wieder da, die Zeit der Herbst- und Jahrmärkte, Oktoberfeste, Messen, Chilbis, Kermessen oder wie ein jeder etwas anders sagt. Wenn ich Marktfahrer ihre Süssigkeiten anpreisen sehe, dann kommt spätestens beim fahrenden Konditor Nostalgie auf. Der lockende Duft gebrannter Mandeln vermischt sich mit Wölkchen von Zuckerwatte und leichtem Rauch vom Marroni-Verkäufer nebenan.

Fast magisch, dieses Magenbrot

Unweigerlich steht man vor dem Zuckerbäckerstand und dann, ja dann fällt das Auge auf diese, manchmal etwas unförmigen, dunkelbraunen Brocken und der Griff zum Geldbeutel ist nicht mehr zu verhindern. Ich höre mich nach dem Preis dieser allseits bekannten rosa Tüten fragen und lehne auf keinen Fall das „Versucherli“ des cleveren und korrekten Marktfahrers ab. Würzig, leicht feucht – dazu gehört, dass frau sich auch noch die Finger sauber lecken muss – einen feinen Biss … schon bin ich wieder zehn, zwölf Jahre alt und bin hin und her gerissen: Soll ich das letzte Geld für die Geisterbahn oder für Magenbrot ausgeben? Was für ein Zwiespalt! Beides hält etwas länger an. Einerseits der schaurig-wohlige Schrecken, von dem man noch am kommenden Tag in der Schule erzählen und dabei völlig abgeklärt wirken kann. Andrerseits dieses duftende, weiche, süss-würzige Etwas, da man mit nach Hause nimmt und abends bei heisser Schokolade zusammen mit Grossmutter und Mutter geniessen kann. Fast magisch, dieses Magenbrot – ein Seelenwärmer im Herbst!

Die alten Ägypter

Eine definitive Antwort auf die Frage, woher das Magenbrot stammt, gibt es nicht. Beim Magenbrot handelt es sich im Ursprung um Leb- oder Honigkuchen und diesen kannten schon die alten Ägypter. Allerdings wird die Suche auch in Mitteleuropa recht interessant: „Das Magenbrot stammt aus dem germanischen Raum und wurde im Mittelalter erfunden“, so die Ausführungen einer Produzentin, die seit über 50 Jahren dieses verlockende Chilbi-Brot vertreibt. Gemäss ihren Ausführungen wurde das Magenbrot in der Erfinderzeit von Apothekern hergestellt und verkauft, da nur diese über die wertvollen, aus dem Orient stammenden Gewürze, wie Zimt, Nelken, Kümmel, Anis, Ingwer, Koriander, Muskat etc. verfügten. Und da man dem einen oder anderen Gewürz, das zur Herstellung dieses Gebäcks von Nöten war, eine wohltuende Wirkung bei Magenbeschwerden nachsagte, entstand der Name Magenbrot.

Fahrende Bäckersleut‘ hätten im Mittelalter aus den Resten von altem Brot, unter Beigabe von Zuckersirup, Mehl und exotischen Gewürzen ein Magenbrot kreiert, dem man ähnliche Wirkungen nachsagte wie dem Apothekerbrot. Bekannt sind im deutschen Sprachraum die Bezeichnungen Alpenkräuterbrot oder Pfefferkuchen. Noch heute wird in weiten Teilen Süddeutschlands und dem alemannischen Sprachraum das Wort Magenbrot als Synonym für Lebkuchen verwendet.

„Wär hät’s erfunde?“

Bin ich jetzt klüger? Wer das Magenbrot nun wirklich erfunden hat, konnten schon andere nicht schlüssig klären. Also vielleicht etwas Spekulation gefällig? «Wer hät’s erfunde…?» Die Schweizer erfanden doch schon das feine Alpenkräuterbonbon Ricola, warum also nicht auch das Alpenkräuterbrot? Egal ob es die Ägypter, die alten Eidgenossen, Deutsche oder Österreicher waren, die Verlockung etwas Eigenes zu machen ist gross.

Übrigens, Robert ist Experte, und hat sich schon ähnliche Gedanken gemacht. Sein Rezept ist nicht zu verachten und ich gehe mit ihm einig, dass bei Frau Bossi leider zuviel Zucker im Spiel ist. Magenbrot darf definitiv nicht nur süss sein! Mein Rezept bekam ich von einer lieben Freundin, welche es wiederum von ihrer Schwägerin, die es…..etc. etc. Es ist auch für diejenigen, die den Jahrmarktrummel nicht mögen, aber sich trotzdem mal was Gutes tun wollen! Etwas Seelenfutter halt. Das Foto zeigt das Magenbrot vor der zweiten Glasur – hier wirkt es noch etwas luftig.

In der Zwischenzeit ist wohl jedem klar, wofür ich mich damals, Mitte der Siebziger Jahre, entschieden hatte…

========== REZKONV-Rezept – RezkonvSuite v1.4

Titel:            Mirjams Magenbrot
Kategorien: Backen, Herbst, Kleingebäck
Menge:        60-80 Stk

============================= TEIG =============================
500 Gramm Ruchmehl
250 Gramm Rohzucker
2 Essl. Backpulver
2 Essl. Kakaopulver
1 Essl. Birnbrotgewürz
1 Essl. Zimt
1 Prise Salz
300 ml Milchwasser (1:1 Wasser und Milch)
100 Gramm Honig, flüssiger

============================ GLASUR ============================
80 Gramm Zartbitterschokolade, kleingehackt
15 Gramm Butter
5-6 Essl. Wasser
1 Essl. Kakaopulver
250 Gramm Puderzucker

============================ QUELLE ============================
Mirjam Signorini-Moritz
— Erfasst *RK* 19.03.2012 von
— Marie-Isabelle Bill

Zubereitung:
Ein rechteckiges Backblech mit Backpapier auslegen.

TEIG:
Alle Zutaten bis und mit Salz in einer Schüssel mischen, eine Mulde formen. Milchwasser erwärmen (nicht kochen!), Honig dazugeben, verrühren bis der Honig aufgelöst ist. Das Milchwasser in die Mulde giessen. Alles zu einem glatten Teig verrühren. Auf das Backblech
geben und 1.5 cm dick und glatt ausstreichen. In der Mitte des auf 180 Grad vorgeheizten Ofens 15-20 Min. backen. Auskühlen lassen und in Rechtecke von 2 x 4 cm schneiden.

GLASUR:
Schokolade, Butter und Wasser zusammen schmelzen lassen. Kakaopulver und Puderzucker dazu sieben, glatt rühren. 1/4 der Magenbrotstücke in eine Schüssel geben, 1/4 der Glasur darübergeissen. So lange wenden, bis alle Magenbrotstrücke gleichmässig mit der Glasur
überzogen sind. Auf Backgitter legen und trocknen lassen. Mit den restlichen Magenbrotstücken gleich verfahren. Glasur während des Glasierens immer wieder auf die warme Platte stellen und vor Gebrauch umrühren.

Magenbrot kann gut verpackt bis zu einer Woche im Kühlschrank gelagert oder 2-3 Monate tiefgekühlt werden.

BILLI: Feinstes Magenbrot – einfach schmagofatz! Im Originalrezept steht anstelle von Kakaopulver Schokoladepulver. Wir mögen es etwas herber.

Zubereitung: ca 30 Min.
Backen: ca 30 Min
Auskühlen: ca 20 Min.
Trocknen: ca 2 Std

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