aus dem Backofen, Fremde Tische
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Castrato und Lebkuchen

Seit mehreren Jahren stand auf meiner Ausgeh-Wunschliste ein Restaurant, das nur 10 Autominuten von Zug weg ist. Wunderschön gelegen am Zugerberg, in einem stolzen, alten Zuger Bauernhaus findet sich das Restaurant Blasenberg.
Blasenberg

Die Familie Limacher, nun in der zweiten dritten Generation, führt ein allseits beliebtes Bergrestaurant. Einfach aber gemütlich ausgestattet, eine hübsche Terrasse mit einer sensationellen Aussicht über den Zugersee, hinter dem Haus lockt der Zugerberg – was will man mehr?

Natürlich will man mehr! Nämlich den Kapaun!
Sogar bis nach China klingt der Ruf der kastrierten Hähnchen. Da liegt doch das Gute so nah…
Und genau deshalb beschloss ich zusammen mit einer lieben Freundin, unsere Göttergatten mit einem Sonntagsessen zu überraschen. Flugs für den Sonntag noch den letzten Tisch reserviert und dann das Wochenende abwarten. In der Zwischenzeit macht die kluge Hexe sich natürlich schlau und will erfahren, was es mit dem Kapaun eigentlich auf sich hat.
Das goldene Herbstwetter und die Terrasse lockten zum Aperitif im Freien. „Un castrato!“ rief Ivano, unser Freund, ganz begeistert. In Norditalien wird nämlich dem kastrierten Hähnchen viel häufiger „gehuldigt“ als bei uns. Später zu Tisch, gab es erst mal einen einfachen, aber sehr feinen grünen Salat. Und nein, wir tranken keinen Wein, wir warteten bei einem Glas Süssmost, probierten den Fassmost und genossen das „ghürotnige“ (Süssmost und Fassmost gemischt). Und dann wurde er aufgetragen:
Kapaun

Eigentlich sah er ganz unscheinbar aus – nach 3 Stunden im Ofen.
Aber unscheinbar schmeckte er gar nicht, nein, ein feines, ja fast crèmiges Fleisch, das buchstäblich vom Knochen fiel, zerging auf der Zunge. Der Geschmack war sehr fein und jede Sauce dazu wäre zuviel gewesen. Dazu reichte Frau Limacher einen wunderbaren Safranrisotte – natürlich gab es dazu auch noch die gebratene Kapaunleber. Wer mochte, durfte sich auch an  ganz feinen, knusprig heissen Pommes Frites gütlich tun.
Obwohl es Anfangs schien, als würden wir diesem einen Hähnchen zu viert ohne weiteres den Garaus machen – wir schafften es zwar, aber die Portion war absolut ausreichend berechnet.
Natürlich hielt das keinen von uns ab, ein hausgemachtes Dessert zu bestellen. Die frische Ananas wäre sicher toll gewesen. Aber wir beschlossen, so richtig „zuzuschlagen“ und so wurden Schweizer Gasthof-Klassiker erwählt wie Meringue und frischer Lebkuchen. Hüftgold, wie gesagt, das logischerweise mit einer feinen alten Zwetschge als Digestif noch besser schmeckte.
Der Lebkuchen war eine Offenbarung! Wunderbar dunkel und feucht lag er auf dem Teller, mit einem Rahmhäubchen und er schmeckte genau so, wie man es sich erträumt. Ich liebe den dunklen, leicht herben Luzerner und Zuger Lebkuchen – im Gegensatz zum klebrig, trockenen, hellen Berner Lebkuchen. Dem Herbst würde etwas fehlen ohne dieses Gebäck.
Voller Begeisterung fragte ich Frau Limacher nach dem Rezept und sie verriet mir, dass die Tochter den gebacken hätte – diese müsse entscheiden, ob ich das Rezept erhalte. Zehn Minuten später kam die Tochter und überreichte mir das handgeschriebene Rezept. Genau zu dem Zeitpunkt, als Madlen Limacher uns dann noch verriet, dass sie eben einen „Vielle Prune“ hätten, der wirklich alt sei – falls wir noch ein Digestif….? Natürlich – her damit!
Der Alkohol war nicht schuld an der Qualität des Fotos, ich habe einfach ein bisschen geschlampt bei der Einstellung meines Handys.

Zugerlebkuchen
Genuss pur – sorry, schon genascht….

Dass wir dieses Essen mit einem ausgiebigen Spaziergang in der Herbstsonne abverdienen mussten, liegt wohl auf der Hand.
Mein Dank geht an die Familie Limacher, die in ihrer einfachen und sympathischen Art die Gäste bewirtet, sich gekonnt auf ihre Stärken in der Küche zurückbesinnt und den Kapaun hochleben lässt. Danke, ich habe mich in einem Restaurant schon lange nicht mehr so wohl gefühlt!

========== REZKONV-Rezept – RezkonvSuite v1.1

Titel:            Lebkuchen Blasenberg
Kategorien: Backen, Herbst, Gewürze, Schweiz
Menge:        1 Backblech, rechteckig

500    Gramm  Weissmehl
500    Gramm  Zucker
15       Gramm  Backpulver
3        Essl. Kakaopulver
3        Essl. Lebkuchengewürz
500   ml  Milch, zimmerwarm
3       Essl. Butter, flüssig (oder Sonnenblumenöl)

============================ QUELLE =============================
Fam. Limacher
Rest. Blasenberg, Zug
— Erfasst *RK* 26.10.2006 von
— Marie-Isabelle Bill

1 grosses Backblech mit Backpapier auslegen. Dieses mit Öl bestreichen (auch am Rand). Backofen auf 180 Grad vorheizen.

Alle trockenen Zutaten gut vermischen, dann die Milch unterziehen und so lange rühren, bis der Teig Blasen wirft.

Den Teig auf dem Backblech verteilen und auf der zweituntersten Rille 35 Min. backen.

Den noch warmen Kuchen mit flüssiger Butter bepinseln.

Servieren mit frischem, sehr steif geschlagenem Rahm.

BILLI: Schmeckt unvergleichlich gut – er muss noch etwas feucht sein. Tipp von Tochter Limacher: Mit Sonnenblumenöl lässt sich der Lebkuchen besser bepinseln!

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Unbedingt reservieren!!!!

Restaurant Blasenberg                       Tel. +41 41 711 05 44                      
Dönser und Stefan Limacher                    www.blasenberg.ch
Blasenberg
CH-6300 Zug

Dienstag und Mittwoch geschlossen

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