Fremde Tische
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Von Geistern, Söldnern und Gabeln

Der Göttergatte und meine Wenigkeit sind momentan beruflich sehr engagiert. Deshalb haben wir uns vorgenommen, dass mindestens ein Wochenende pro Monat zwingend nur für uns ganz alleine reserviert bleibt. Ab und zu überraschen wir uns gegenseitig mit einem Essen, Ausflug, etc. So bleibt es spannend…
René hat mich im November auf ein Schiff der Zugerseeschifffahrt geladen, auf dem es im „Unterdeck“ zu einer Aufführung von Kishons tierisch-menschlicher Satire  „Schwarz auf Weiss“ in zwei Akten kam. Hervorragend inszeniert und für ein Laientheater sehr gut gespielt. Es war ein Erlebnis!
Kulinarisch hingegen waren wir etwas enttäuscht, sind wir doch normalerweise von der Zugerseegastronomie recht gut versorgt. Aber da gab es ein Buffet von eher mässigen Salaten mit etwas heissem Schinken und anschliessend eine Käseplatte und etwas Eis. Aber, es ging halt dabei primär um’s Theater.

Renés Überraschung (der jeweilige Partner wird bei solchen Anlässen nur lange im voraus mit ziemlich unvollständigen Informationen regelrecht hingehalten…) hatte mich doch beeindruckt und der Ehrgeiz, ihn zu übertrumpfen setzte sich bei mir durch. Der glückliche Zufall wollte es, dass ich letzten Sommer bei der Organisation einer Hochzeit auf ein Restaurant stiess, das soge-nannte „Ess-Spektakel“ durchführt. In diesen Tagen flatterte dann eine Einladung ins Haus:

„DER STUBLI-GEIST“ – Ein Schwyzer Söldner erzählt aus seinem abenteuerlichen Leben

Die braven Eidgenossen waren ja in ganz Europa bekannt und begehrt als Reisläufer und Söldner. Die letzte „Söldnertruppe“ existiert noch – in Rom – seit 500 Jahren, nämlich die Päpstliche Schweizergarde im Vatikan.
So erzählt also der Stubligeist von seinen Abenteuern; drei Mal kehrt er ein, zwischen den einzelnen Gängen eines exquisiten Mahles. Er wirkt leicht zerzaust, sein zerschlissener Wams trägt nicht gerade zur Eleganz bei und sein Auftreten ist halt landsknechtmässig. Tja, wenn man halt so gern dem geistigen Wasser zuspricht…

Wir haben Glück, sitzen unmittelbar vor dem antiken Kachelofen, bei dem sich der Geist jeweils wärmt und seine Geschichten erzählt. Eine handelt sogar davon, dass der „Schön Johäni“ – der schöne Johannes – jeweils auf Renés Stuhl sitzt und sich ins Elend trinkt, keiner wolle an solchen Tagen auf diesen Stuhl sitzen! Was habe ich doch für einen mutigen Mann ;-))
Übrigens, der „Schön Johäni“ hat nur noch ein Ohr, ein Auge und hinkt, aber die Völkerschlacht hat er überlebt!

Stubligeist 1_2006

Viel zu erzählen hat der Stubli-Geist. Von seinem Liebchen, das nach Spanien „verkauft“ worden ist; von der Beulenpest und dem Schwyzer Dorfbrand; von den hohen Herren; dem gesegneten Einsiedler-Wasser, das schlicht gegen und für alles hilft und von den Saufeskapaden in den Diensten der Savoyer. Eigentlich könnte man ihm noch lange zuhören, aber eben, das Menü hat ein Ende und plötzlich ist es wieder das „hochheiligi Johr anno Domini 2006, gopferteckel!“ um mit des Geistes Worten zu sprechen. Der uns übrigens ganz am Anfang gefragt hat, ob wir nichts besseres zu tun hätten, als hier in der Wirtschaft rumzusitzen!

Auch am Tisch gilt übrigens das Regime des 17./18. Jahrhunderts: Es gibt eine klare Tisch-ordnung und klar ist auch, wie zu essen ist: nämlich mit der zweizinkigen Gabel!
Zwischen den Geistes-Erscheinungen zaubert Küchenchef Hanspeter Hurter passende Köstlichkeiten auf unsere Teller. Das Menü setzte sich zusammen aus

– Französischer Hofstaat-Lammterrine
– Schaumsüppchen vom Einsiedler Klosterwürzwein
– Saurer Rindermocken mit Gummel-Stungis 
– Schwyzer-Garde Schoggi-Turm.

Alles schmeckt wunderbar, fein und wirkte echt, war gut gewürzt und liebevoll präsentiert.
Fürwahr, ein Ess-Spektakel erster Klasse!

Das Gasthaus  Schwyzer Stubli in Schwyz ist der Tipp für Besucher des historischen Ortes. Ein lauschiger Garten, ein gemütlicher Weinkeller, ein historisches Stübli – das alles vereint das Gasthaus in einem denkmalgeschützten Gebäude aus der Mitte des 17. Jahrhundert. «Stilgerechter Ausbau, origineller, künstlerischer Schmuck, bilden schon an und für sich eine Sehenswürdigkeit von Schwyz.» So wurde das Lokal bereits 1904 angepriesen. Das historische Stübli ist eine Augenweide und ein Besuch wert.

Gasthaus Schwyzer-Stubli                     +41 (0)41 811 10 66
Riedstrasse 3, 6430 Schwyz                           info@schwyzer-stubli.ch

Dienstag bis Freitag   11–14/18–24 Uhr
Samstag                      18–24 Uhr

Nachtrag 2011: Der Küchenchef Hanspeter Hurter arbeitet nicht mehr im Gasthaus Schwyzer Stubli. Die Küche ist jedoch nach wie vor sehr empfehlenswert und innovativ.

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